Unter dem Titel „MuTopia“ haben sich Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5-12 des Gymnasiums in der Taus, des Max-Born-Gymnasiums Backnang und des BIZE mit ihren Visionen von zukünftigem Wohnen auseinandergesetzt. Sie beschäftigten sich unter anderem mit verschiedenen Formen des Wohnens, mit Fassadengestaltung oder der Gestaltung des städtischen (Außen-)raums. Im Rahmen der IBA’27 Festivals werden die besten Schülerarbeiten zusammen mit der Ausstellung „Zirkuläres Bauen“ im Gebäude der Projektbühne Backnang noch bis zum 23. Juli gezeigt. Zur feierlichen Eröffnung der Ausstellung begrüßte der 1. Bürgermeister Stefan Setzer zahlreiche Gäste, die trotz des warmen Sommerwetters gekommen waren, unter ihnen auch der Schulleiter des Tausgymnasiums, Udo Weisshaar, die Vertretung der Schulleitung des MBG, Dorothee Ziesik, sowie die begleitenden Lehrkräfte Stefanie Hübner, Alexandra Blessing, Jessica Dunst, Ulrike Neher und Eva Schmeckenbecher mit ihren Schülerinnen und Schülern, die sich mit Häppchen und Getränken um das leibliche Wohl der Gäste kümmerten. Daneben waren auch Eva Herrmann und Florian Rapp von der IBA-Geschäftsstelle gekommen, die mit dafür verantwortlich waren, dass das Gebäude von der Firma Riva als zentraler Ausstellungsort für das Quartier West angemietet werden konnte, sowie der Leiter des Stadtplanungsamtes, Tobias Großmann, und der Leiter des Baurechtsamtes, Thomas Kleibner. Herr Setzer lobte, wie organisch sich der Ausstellungsbereich der Schülerinnen und Schüler in das Materiallabor einfügen würde und ermutigte die Jugendlichen, sich auch weiterhin mit ihren Ideen und Visionen in den Stadtplanungsprozess mit einzubringen, denn die Umgestaltung des Quartiers sei ein schrittweiser Prozess, der auch dann noch nicht abgeschlossen sein werde, wenn er selbst in Rente gehe. Urbanes Wohnen sei eine Vision, die sich auch aus den Bedürfnissen der Bevölkerung heraus entwickeln müsse und damit eine zukunftsweisende Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.
Anschließend begrüßte auch Kunstlehrerin Stefanie Hübner vom MBG die Anwesenden und führte in die Ausstellung ein. Sie hob zunächst hervor, was für ein Glücksfall die Internationale Bauausstellung und das Quartier Backnang für die Backnanger Schulen sei, denn das Thema Bauen und Wohnen sei eines, welches uns alle angehe und wo wir alle „Experten“ seien – da ja jeder in irgendeiner Form Erfahrung mit „Wohnen“ und „Infrastruktur“ (in Form von Straßen, Brücken, Verkehrsmitteln) habe. Diese große Expertise gelte es fruchtbar zu machen in Form von Gedanken, Ideen und Visionen über die Zukunft des Bauens und die Entwicklung künftiger Stadtquartiere.
In den verschiedenen Klassenstufen haben sich die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen auseinandergesetzt – schon die Jüngsten waren mit Begeisterung bei der Sache bei der Gestaltung eines „Mehrgenerationenhauses“ aus Pappmaché. Hier wurde intensiv darüber diskutiert, welche Bedürfnisse welche Generation habe – z.B. eine Rutsche für die Kinder und einen Lift für die Oma – um am Ende festzustellen, dass die Bedürfnisse gar nicht so unterschiedlich sind und durchaus auch ausgetauscht werden könnten. Die Klasse 11b des Gymnasiums in der Taus plante einen Jugendpavillon an der Murr, in welchem Begegnung, Sport, Musik, Kunst, Gaming und Essen stattfinden könnte. Mehrere Mittelstufenklassen beschäftigten sich unter dem Motto „Zurück zum Fluss“ ebenfalls mit den Nutzungsmöglichkeiten der von der Murr geprägten Uferlandschaft. Die Aufgabe bestand darin, Zugangswege zu diesem Teil des Quartiers in Form von Brücken zu gestalten. Die Ergebnisse zeigten eine erstaunliche Bandbreite von märchenhaft anmutenden, filigranen Brücken bis zu modernen Hängebrücken mit geometrischen Seilkonstruktionen. Im Ringen um den wertvollen innerstädtischen Raum gibt es auch immer wieder Nutzungskonflikte – da waren die Ideen der Klasse 8c (Taus) zum Thema „Pop-up-Spielplatz“ geradezu visionär: Die SchülerInnen entwickelten wunderbare kleine Modelle mobiler Spielplätze auf ausklappbaren Anhängern aus Graupappe. Eine tolle Idee!
„Wo nichts ist, ist alles möglich“, zitierte Stefanie Hübner – wollte es aber dennoch relativiert wissen, denn überall in Backnang – auch im Quartier West – sei ja schon „etwas“ oder „jemand“! Es gehe hier also insbesondere ums Bauen und Wohnen „im Bestand“, mit Blick auf die Menschen, die dort bereits leben, wohnen und arbeiten. Nicht immer müsse „Altes“ durch „Neues“ ersetzt werden, auch und gerade im Sinne der Nachhaltigkeit lässt sich Bestehendes auch gut in neue Ideen integrieren, wie die weiteren Projekte zeigen:
Inspiriert von der Ausstellung „Jemandsland“ der Backnanger Künstlerin Barbara Kastin, die in Fotos und Malereien „Lost Places“ dokumentiert – „Un-Orte“ der Stadt, die entweder dem Verfall preisgegeben oder schon verschwunden sind – richteten Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 des Gymnasiums in der Taus ihren Blick auf die Räumlichkeiten der alten Lederfabrik Hodum, durch deren Fenster man sehen konnte, wie sich die Natur den Innenraum zurückerobert hatte. Daraus entwickelten sie Ideen eines Cafés, welches dieses Flair bewusst integriert. Auch hier entstanden teils verwunschene, teils futuristische Entwürfe, die man gerne einmal besuchen würde.
Schülerinnen und Schüler des Max-Born-Gymnasiums beschäftigten sich, passend zum Material-Lab der IBA’27, mit dem Thema Baustoffe der Zukunft und nachhaltiges Bauen. Denn der Bausektor stehe unter großem Druck, die Herstellung von Zement setze große Mengen an CO² frei, wir müssten anders bauen, mehr recyclen und in Kreisläufen denken, erläuterte Kunstlehrerin Stefanie Hübner. Aus diesem Grund haben sich SchülerInnen des Grundkurses Kunst in einem Unterrichtsprojekt „Guter Beton – Böser Beton!“ anhand von Recherchen, Vorträgen und Debatten kritisch mit dem Baustoff Beton auseinandergesetzt und zum Abschluss einen eigenen Betonguss in Form einer Fassade angefertigt.
Die Klasse 9c dagegen setzte auf Wiederverwendung und plante „alte“ Bestandsgebäude so um, dass sie durch zusätzliche Stockwerke in neuem Glanz erstrahlen. In reizvollem Miteinander ergänzen sich hier Alt und Neu zu einem nachhaltigen, da materialsparenden Ganzen. Neben Fantasie und dem Blick für Harmonie war hier auch die exakte Zeichentechnik beeindruckend.
Der Leistungskurs lernte im Rahmen des Unterrichts die Architekten Le Corbusier und Bjarke Ingels kennen, die damals wie heute Visionäres geplant haben – und da schließe sich der Kreis: 1927 hätten die Architekten Wegweisendes auf dem Weissenhof in Stuttgart realisiert, 2027 werde in der Stadtregion Stuttgart abermals Wegweisendes in Planung oder schon umgesetzt sein. In diesem Sinne brauche es aber auch eine Portion Mut – daher der Titel „MUTopia“ – um damals wie heute neue, ungewöhnliche Wege zu gehen. Alle Besucher sind herzlich eingeladen, diese Wege mitzugehen, mitzugestalten oder einfach nur mitzuerleben!