Auch wenn dies das selbstironische Motto des Abiturjahrgangs 2023 war, hatten die Abiturientinnen und Abiturienten – ihrem Motto zum Trotz – eindeutig bewiesen, dass sie mehr als aufnahmefähig gewesen sein müssen in den vergangenen 12 (oder 13) Schuljahren, denn auch dieser Jahrgang konnte wieder mit Traumnoten aufwarten. Viermal wurde der Schnitt von 1,0 erreicht – und insgesamt 19-mal stand eine 1 vor dem Komma, wie Schulleiterin Sonja Conrad zu Beginn ihrer Rede bei der Zeugnisverleihung anerkennend verkündete. Sie nahm Bezug auf das selbstgewählte Motto des Jahrgangs, welches an eine App angelehnt ist, die die Benutzer zu einem zufällig gewählten Zeitpunkt auffordert, innerhalb von zwei Minuten ein Foto von sich und der Umgebung zu posten. Sonja Conrad verwies auf den positiven Nebeneffekt dieser App, welche einen in unserer hektischen Welt immer wieder dazu animiere, innezuhalten und den Moment festzuhalten. Genau solch ein besonderer Moment sei nun auch die Zeugnisübergabe an diesem Tag, den zu genießen sich die Schülerinnen und Schüler wirklich hart erarbeitet und verdient hätten! Sie hoffe daher, dass die Jugendlichen nach der nun überstandenen Schulzeit mit ihren Höhen und Tiefen auch Zeit für viele schöne Auszeiten und Momente finden würden, um die Schönheit der Welt und ihres Lebens zu erkennen und bewusst wahrzunehmen.
Gemeinsam mit den SchülerInnen und deren Eltern blickte sie anschließend zurück auf die vergangenen Schuljahre: Den ersten Schultag, das erste Mal allein mit Fahrrad oder Bus zur Schule, die Pubertät, Momente der Freude und des Stolzes und Momente der Tränen und des Frustes. All dies hätten die Jugendlichen nun erfolgreich gemeistert und dabei neben fachlichem Wissen viele grundlegende Kompetenzen erworben, wie die Fähigkeit, Probleme zu lösen und kritisch zu denken, sie hätten Durchhaltevermögen bewiesen und Krisen bewältigt und wichtige soziale Kompetenzen trainiert, und damit das Rüstzeug erworben, von nun an selbst die Verantwortung für ihr Tun und ihr weiteres Leben zu übernehmen. Das Reifezeugnis sei damit viel mehr als eine Bestätigung des schulischen Erfolges, sondern auch ein Zeugnis ihrer gereiften Persönlichkeit und der Fähigkeit, in der komplexen Welt von heute zu bestehen.
Sonja Conrad verwies in diesem Zusammenhang auch auf die große Unterstützung durch die Eltern, die viele der Schülerinnen und Schüler darum auch als besonders wichtige Personen in der Abizeitung genannt hätten, und gratulierte auch ihnen zum Erfolg ihrer Kinder. Daneben dankte sie dem stellvertretenden Schulleiter Christoph Nesper und dem Oberstufenberater Dr. Michael Lindner, sowie allen Lehrkräften, die gemeinsam die Jugendlichen nach Kräften unterstützt, auf das Abitur vorbereitet und ihnen Struktur und Halt auch in schwierigen Zeiten geboten hätten.
Sie ermutigte die Abiturientinnen und Abiturienten abschließend, mutig voranzuschreiten und sich nun mit Hilfe der erworbenen Fähigkeiten ihren Platz in der Welt zu erobern. „Der Wert eines Menschen liegt in seiner Fähigkeit zu geben, nicht in seiner Fähigkeit zu erwerben“ (Albert Einstein), gab sie ihnen noch mit auf den Weg, und erinnerte daran, dass unser Potential darin liege, anderen Menschen zu dienen und ihnen Gutes zu tun, sein Wissen zu teilen, großzügig zu sein und zu helfen – dann könnten wir auch eine positive Wirkung auf die Welt um uns herum erzielen. In diesem Sinne ließe die Schulgemeinschaft die jungen Menschen nun die nächsten Schritte auf ihrem Lebensweg gehen und vertraue darauf, dass sie ihre Fähigkeiten und Talente positiv nutzen werden.
Dem schloss sich auch die Trägerin des Gustav-Born-Preises, Katharina Frank, mit den Worten Erich Kästners an:
„Der Mensch soll lernen – nur die Ochsen büffeln.“
Sie habe mit ihrer Fächerwahl – Physik, Chemie und Mathematik – eigentlich nicht damit gerechnet, auf der Zeugnisverleihung eine Rede zu halten, aber man könne sich eben auf nichts mehr verlassen… Auch Katharina blickte zurück auf die vergangenen 12 Schuljahre, rechnete vor, dass diese rund 1472 Schultage, bzw. 10304 Schulstunden am MBG beinhaltet hätten, und fragte sich, was einem wohl von all diesen Stunden am ehesten in Erinnerung bleiben würde. Dazu zitierte sie Erich Kästner: „Der Mensch soll lernen“ und sie überlegte, ob ihr wohl binomische Formeln, Fotosynthesegleichungen oder Deklinationsklassen in Erinnerung bleiben würden. Doch dann erwähnte sie, dass das Zitat eigentlich noch weiter gehe: „Der Mensch soll lernen – nur die Ochsen büffeln“ und reflektierte den Unterschied zwischen „Lernen“ und „Büffeln“. Dabei sei „Büffeln“ der monotone Vorgang des Auswendiglernens und Wiederkäuens, während „Lernen“ ein komplexer Prozess des Verstehens sei, der einem zum Beispiel ermögliche, beim Behandeln der Reaktionsgleichung der Fotosynthese zu verstehen, dass alles in der Welt eng miteinander zusammenhänge und uns wie ein großes Gefüge umgebe. Der Geschichtsunterricht vermittle die Wurzeln unserer heutigen Welt und in Latein gewinne man ein Verständnis für Grammatik und Rhetorik – und trainiere sein Durchhaltevermögen, wie sie augenzwinkernd anmerkte. Dieses allgemeine Verständnis sei die Basis für alles Weitere, wie zum Beispiel herauszufinden, wie man eine Steuererklärung schreibt, ohne dass dies je im Unterricht behandelt werden musste.
Dann gab sie zu, dass das Kästner-Zitat noch weitergehen würde: „Der Kopf ist nicht der einzige Körperteil“ – was an einen Spruch des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi erinnert: „Lernen mit Kopf, Herz und Hand“. Neben der reinen Wissensvermittlung seien die vielen „realen“ Erlebnisse in der Schulzeit, wie Arbeitsgemeinschaften, Schullandheime, Klassentage, Pausen etc. für die Persönlichkeitsentwicklung viel prägender. Hier hätte man Dinge kennen gelernt und ausprobieren können, die einem besonders viel Freude bereiten, man habe Gleichgesinnte gefunden und Freunde gewonnen, die den Schulalltag verschönert hätten und ganz sicher in Erinnerung bleiben würden. Katharina erzählte eine Anekdote über eine Kanufahrt bei ihrem eigenen Schullandheim und reflektierte, dass sie dabei auch ganz viel über sich selbst gelernt hätte. Damit kam sie auf ihr eigentliches Anliegen zurück, was ihr von ihrer Schulzeit in Erinnerung bleiben würde, und schloss mit den Worten, dass das selbstständige Lernen und die kreative Selbstverwirklichung letztlich das gewesen sei, was die Abiturienten zu den Menschen gemacht habe, die sie heute seien – wofür sie sehr dankbar sei (sogar für die in den Lateinstunden erlernte stoische Haltung).
Das musikalische Rahmenprogramm wurde gestaltet von Hannah Oosthuysen Schutte und Oliver Ziesik, sie spielten „Merry-Go-Round Of Life – Howl’s Moving Castle“ von Joe Hisaishi, „Humoreske op. 101, Nr.7“ von Antonin Dvorak und „Thank you for the music“ von ABBA.